Schmerzen bei Hunden lassen sich unter anderem in zwei Kategorien einteilen: akute und chronische Schmerzen. Gerade das Verständnis der Unterschiede zwischen diesen Schmerzarten ist entscheidend, um deinem Tier die richtige Unterstützung zu bieten.

Stell dir vor, dein Hund kommt eines Tages zu dir geschlichen, die Ohren hängen und er humpelt leicht. Sofort macht dein Herz einen Satz – denn was ist los mit deinem Hund? Als Hundebesitzer kennst du dieses beklemmende Gefühl sicher nur zu gut. Schmerzen bei unseren Hunden zu erkennen und richtig einzuordnen, kann manchmal eine echte Herausforderung sein.

Schmerzen lassen sich in akute und chronische Schmerzen unterteilen.

Nicht immer ist die Unterscheidung von akuten zu chronischem Schmerz so eindeutig. Bild: VitaliTier

Lass uns gemeinsam einen Blick darauf werfen, wie wir zwischen akuten und chronischen Schmerzen unterscheiden können und was das für unsere Hunde bedeutet.

Akute Schmerzen beim Hund: Der Körper schlägt Alarm

Erinnerst du dich an das letzte Mal, als du dir den Zeh gestoßen hast? Dieser plötzliche, intensive Schmerz ist ein perfektes Beispiel für akuten Schmerz. Bei unseren Hunden funktioniert das ganz ähnlich:

  • Was passiert? Stell dir vor, dein Hund springt beim Ballspielen unglücklich und verletzt sich die Pfote. Sofort wird er die Pfote schonen – das ist akuter Schmerz in Aktion.
  • Warum ist das wichtig? Diese Art von Schmerz ist wie ein eingebautes Warnsystem. Er sagt deinem Hund: „Vorsicht! Hier stimmt etwas nicht!“

Der wissenschaftliche Blick: Nozizeptoren und Schmerzverarbeitung beim Hund

Wenn dein Hund sich verletzt, werden spezielle Nervenzellen, sogenannte Nozizeptoren, aktiviert. Daraufhin senden blitzschnell Signale über das Rückenmark ans Gehirn. Dieser Prozess der Schmerzverarbeitung beim Hund ähnelt dem des Menschen, ist aber auf die spezifische Anatomie und Physiologie von Hunden abgestimmt. Lies auch meinen vorherigen Artikel zum Thema Schmerz & Hundegehirn: Neurobiologische Einblicke & Einfluss aufs Training.

Akute Schmerzen beim Hund erkennen: Die wichtigsten Anzeichen

Jetzt kannst du wahrscheinlich folgende Fragen sofort beantworten:

Mein Hund humpelt plötzlich – was tun?

Warum winselt mein Hund plötzlich?

Exakt: Wenn dein Hund plötzlich humpelt oder winselt, könnte das ein Zeichen für akute Schmerzen sein.

Weitere Anzeichen:

  • Ungewöhnliche Aggressivität oder Rückzugsverhalten
  • Lecken oder Beißen an einer bestimmten Körperstelle
  • Schnelles, flaches Atmen
  • erweiterte Pupillen und erhöhte Herzfrequenz

Wie lange halten akute Schmerzen beim Hund an?

Die Dauer akuter Schmerzen kann variieren, liegt aber in der Regel zwischen einigen Stunden und wenigen Tagen. Wenn jedoch die Schmerzen länger anhalten, spricht man von subakuten oder chronischen Schmerzen.

Was tun bei akuten Schmerzen beim Hund?

  1. Ruhe bewahren: Dein Hund spürt deine Aufregung.
  2. Vorsichtig untersuchen: Schau nach offensichtlichen Verletzungen, ohne zusätzlichen Schmerz zu verursachen.
  3. Erste Hilfe leisten: Bei Wunden diese reinigen und ggf. verbinden.
  4. Tierarzt kontaktieren: Bei starken oder anhaltenden Schmerzen immer einen Profi konsultieren.

Beispiele für akute Schmerzen:

  • Verletzungen (z.B. Schnitte, Prellungen, Verstauchungen)
  • Unfälle (z.B. Autounfälle, Stürze)
  • Akute Erkrankungen (z.B. Magendrehung, Blasenentzündung)

 

Chronische Schmerzen beim Hund: Wenn der Schmerz zum ungebetenen Dauergast wird

Stell dir vor, dein Hund ist nicht mehr der verspielte Wirbelwind von früher. Er bewegt sich langsamer, meidet die Treppe und wirkt irgendwie… anders. Das könnten Anzeichen für chronische Schmerzen sein, ein komplexes und oft unterschätztes Problem bei unseren Hunden.

Was macht chronische Schmerzen so besonders?

Anders als akute Schmerzen, die schnell kommen und gehen, sind chronische Schmerzen wie ein Gast, der sich eingenistet hat und nicht mehr gehen will. Folglich können sie deinen Hund über Wochen, Monate oder sogar Jahre begleiten. Aber was genau passiert da in seinem Körper?

  • Dauer: Chronische Schmerzen halten länger an als die normale Heilungszeit einer Verletzung oder Krankheit. Experten sprechen oft von einem Zeitraum von mehr als 3-6 Monaten. Letztlich können wir dann von chronisch sprechen, wenn die Dauer über die notwendige bzw. nützliche Zeit hinaus geht.
  • Das Schmerzgedächtnis: Stell dir vor, das Nervensystem deines Hundes lernt den Schmerz. Dadurch bildet sich ein sogenanntes „Schmerzgedächtnis“. Dr. Erin Hofmann erklärt: „Chronischer Schmerz wird eher als Krankheit denn als neuropathisch betrachtet.“ Das bedeutet, der Schmerz selbst wird zum Problem, unabhängig von der ursprünglichen Ursache. 
  • Teufelskreis der Sensibilisierung: Bei chronischen Schmerzen wird das Nervensystem deines Hundes überempfindlich. Infolgedessen können Reize, die normalerweise nicht schmerzhaft wären, plötzlich Schmerzen auslösen. Es ist, als würde der Körper deines Hundes die Lautstärke für Schmerzreize aufdrehen
  • Schmerzspirale: Durch Schmerzen in einem Bereich fängt dein Hund an, diesen Bereich zu schonen. Dafür müssen andere Strukturen nun mehr arbeiten, kommen folglich in eine Überlastung. Nun werden diese Bereiche schmerzhaft und verursachen weitere Probleme und Schonung. So dreht sich die Spirale fort.
Infografik Schmerzspirale

Die Schmerzspirale solltest du nicht unterstützen. Rechtzeitiges Reagieren kann diese leichter stoppen als ein spätes Eingreifen. Bild: VitaliTier

Wie erkennst du chronische Schmerzen bei deinem Hund?

Die Anzeichen sind oft subtiler als bei akuten Schmerzen und können sich schleichend entwickeln. Achte auf folgende Veränderungen:

  1. Aktivitätsniveau: Dein einst energiegeladener Hund wird zunehmend inaktiv oder meidet bestimmte Aktivitäten. Oder dein Hund scheint immer auf Achse zu sein und schlecht zur Ruhe zu kommen.
  2. Stimmung: Verhaltensänderungen wie erhöhte Reizbarkeit, Rückzug oder sogar Aggression können auftreten. Aber auch ein erhöhtes Schlafbedürfnis oder eine „Depression“ können auftreten.
  3. Körperhaltung: Dauerhafte Veränderungen wie ein gekrümmter Rücken oder das Entlasten einer Gliedmaße.
  4. Schlafmuster: Unruhiger Schlaf oder häufiges Positionswechseln können auf Unbehagen hindeuten.
  5. Appetit: Chronische Schmerzen können zu vermindertem Appetit führen.
  6. Pflege: Übermäßiges Lecken oder Kauen an bestimmten Körperstellen kann ein Zeichen für Schmerzen sein.

Die unsichtbaren Folgen chronischer Schmerzen

Chronische Schmerzen beeinflussen nicht nur den Körper deines Hundes, sondern sein gesamtes Wohlbefinden:

  • Stress: So erhöhen anhaltende Schmerzen beispielsweise den Cortisolspiegel, was wiederum zu chronischem Stress führt.
  • Immunsystem: Langfristig kann das Immunsystem geschwächt werden, was deinen Hund anfälliger für andere Krankheiten macht.
  • Muskelabbau: So kann es beispielsweise durch verminderte Aktivität zu Muskelabbau kommen, was die Beweglichkeit weiter einschränkt.
  • Gewichtszunahme: Weniger Bewegung bei gleichbleibender Ernährung kann zu Übergewicht führen, was die Gelenke zusätzlich belastet.
  • Lebensqualität: All diese Faktoren zusammen können die Lebensqualität deines Hundes erheblich beeinträchtigen.

Dr. Erin Hofmann erklärt in einem Artikel für Veterinary Practice: „Während akuter Schmerz ein notwendiges evolutionäres Merkmal ist, das Tieren ermöglicht, sich vor Schäden zu schützen, ist chronischer Schmerz maladaptiv und wird eher als Krankheit denn als neuropathisch betrachtet.“

Dr. James Cook, ein renommierter Veterinär-Orthopäde, betont: „Die Behandlung chronischer Schmerzen bei Hunden hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Mit den richtigen Strategien können wir die Lebensqualität vieler betroffener Hunde deutlich verbessern.“

Beispiele für chronische Schmerzen:

Wichtig: Eine Studie von Dr. Daniel Mills et al. (Link zur Studie am Ende des Artikels) aus dem Jahr 2020 hat Erstaunliches zutage gefördert: Zwischen 28% und 82% der untersuchten Hunde litten unter Schmerzen – und das nicht nur bei älteren Hunden! Diese hohe Variabilität zeigt, wie wichtig es ist, auf subtile Anzeichen zu achten. Chronischer Schmerz kann auch junge Hunde treffen!

Es gibt viele verschiedene Schmerzformen.

Schmerzen können viele verschiedene Gewebestrukturen bei deinem Hund betreffen. Bild: VitaliTier

Wo tut’s weh? 

Akute oder chronische Schmerzen können in verschiedenen Körperregionen auftreten. 

  1. Knochen- und Gelenkschmerzen:
    • Typische Symptome: Dein Hund humpelt, ist steif oder hat Schwierigkeiten beim Aufstehen.
    • Ursachen: Oft sind Arthrose oder Erkrankungen wie Hüft- oder Ellbogendysplasie der Grund.
    • Behandlung: Entzündungshemmende Medikamente, Physiotherapie, Osteopathie, Akupunktur etc können helfen.
  2. Muskelschmerzen:
    • Symptome: Dein Hund zuckt bei Berührung oder bewegt sich eingeschränkt.
    • Ursachen: Verspannungen oder Fehlbelastungen können schuld sein.
    • Behandlung: Physiotherapie, Osteopathie oder Hundefitnesstraining können sehr gut helfen.
  3. Bauchschmerzen:
    • Symptome: Starkes Hecheln oder ein gekrümmter Rücken können Hinweise sein.
    • Ursachen: Von Magen-Darm-Problemen bis zu Organerkrankungen ist vieles möglich.
    • Behandlung: Je nach Ursache kann eine spezielle Diät oder sogar eine Operation nötig sein.
  4. Ohrenschmerzen:
    • Symptome: Achte auf Kopfschütteln oder Kratzen am Ohr.
    • Ursachen: Oft sind Infektionen oder Fremdkörper der Grund.
    • Behandlung: Ohrentropfen oder eine gründliche Reinigung können helfen.
  5. Zahnschmerzen:
    • Symptome: Vermehrtes Speicheln oder Schwierigkeiten beim Kauen sind typisch.
    • Ursachen: Von Karies bis Zahnfleischentzündungen gibt es viele Möglichkeiten.
    • Behandlung: Eine professionelle Zahnreinigung bzw. Zahn-OP oder spezielle Kausnacks zur Zahnpflege können nötig sein.
  6. Rückenschmerzen:
    • Symptome: Dein Hund zögert beim Springen oder Treppensteigen oder ist allgemein weniger beweglich.
    • Ursachen: Bandscheibenvorfälle oder Arthrose in der Wirbelsäule können dahinterstecken.
    • Behandlung: Von Ruhe und Physiotherapie bis hin zu operativen Eingriffen ist vieles möglich.
  7. Nervenschmerzen:
    • Symptome: Überempfindlichkeit auf Berührungen oder plötzliches Zucken ohne erkennbaren Grund.
    • Ursachen: Erkrankungen des Nervensystems oder Kompression von Nerven können schuld sein.
    • Behandlung: Spezielle Medikamente für neuropathische Schmerzen oder Physiotherapie können helfen.

Achtung: Bei plötzlich auftretenden Symptomen sollte du deinen Tierarzt aufsuchen!

Wichtige Fragen rund um das Thema Schmerz bei Hunden

FAQ: Deine 10 wichtigsten Fragen zu Schmerzen bei Hunden

Wie kann ich feststellen, ob mein Hund Schmerzen hat?

Achte auf Verhaltensänderungen wie verringerte Aktivität, Appetitlosigkeit, ungewöhnliches Lecken bestimmter Körperstellen oder Lautäußerungen wie Winseln oder Jaulen. Auch Veränderungen in der Körperhaltung, Schwierigkeiten beim Aufstehen oder Hinlegen, sowie ein veränderter Gesichtsausdruck können Anzeichen für Schmerzen sein. Hier findest du meinen Blogartikel „Schmerzen bei Hunden richtig erkennen“

Welche Schmerzmittel sind für Hunde geeignet?

Nur vom Tierarzt verschriebene Medikamente sind sicher. Häufig werden nichtsteroidale Antirheumatika (NSAIDs) speziell für Hunde verwendet. Menschliche Schmerzmittel können für Hunde gefährlich oder sogar tödlich sein. Gib deinem Hund niemals Medikamente ohne vorherige Absprache mit dem Tierarzt. Wenn dich das Thema Umgang mit Schmerzmitteln interessiert, empfehle ich dir diesen Blogartikel von mir.

Wann sollte ich bei akuten Schmerzen zum Tierarzt?

Bei starken Schmerzen, sichtbaren Verletzungen, Appetitlosigkeit oder wenn die Schmerzen länger als 24 Stunden anhalten, solltest du unbedingt einen Tierarzt aufsuchen. Auch bei plötzlicher Lahmheit, Schwellungen oder wenn dein Hund sich ungewöhnlich verhält, ist ein Tierarztbesuch sehr ratsam.

Kann ich meinem Hund bei chronischen Schmerzen auch ohne Medikamente helfen?

Ja, Methoden wie Physiotherapie, Akupunktur, Gewichtsmanagement und Umgebungsanpassungen können sehr hilfreich sein. Auch Wärmeanwendungen, sanfte Massage und angepasste Bewegung können Linderung bringen.

Sprich aber immer zuerst mit deinem Tierarzt, um einen ganzheitlichen Behandlungsplan zu erstellen. Auch eine erfahrene Hundetherapeutin wird dir eine Einschätzung geben können, was für deinen Hund möglich und sinnvoll ist.

Mein Hund ist plötzlich aggressiv – können Schmerzen der Grund sein?

Ja, Schmerzen können zu Verhaltensänderungen wie Aggressivität führen. Hunde, die Schmerzen haben, können gereizt reagieren, wenn sie berührt werden oder wenn sich ihnen jemand nähert. Es ist wichtig, die Ursache mit einem Tierarzt abzuklären, da Aggressivität auch andere medizinische oder verhaltensbezogene Gründe haben kann.

Wie lange dauert es, bis Schmerzmittel bei Hunden wirken?

Die Wirkungszeit hängt vom spezifischen Medikament ab. Einige NSAIDs können innerhalb von 30-60 Minuten Linderung bringen, während andere möglicherweise einige Tage regelmäßiger Einnahme benötigen, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Folge immer den Anweisungen deines Tierarztes und beobachte deinen Hund genau auf Anzeichen von Verbesserung oder mögliche Nebenwirkungen.

Können Hunde Phantomschmerzen haben, ähnlich wie Menschen?

Ja, Hunde können tatsächlich Phantomschmerzen erfahren, besonders nach Amputationen. Diese Schmerzen entstehen, weil das Gehirn weiterhin Signale von den nicht mehr vorhandenen Nervenenden erwartet. Die Behandlung kann herausfordernd sein und erfordert oft eine Kombination aus Medikamenten und alternativen Therapien.

Wie kann ich meinem älteren Hund mit Arthroseschmerzen helfen?

Neben Medikamenten können folgende Maßnahmen hilfreich sein:

Wie erkenne ich, ob die Schmerzen meines Hundes akut oder chronisch sind?

Akute Schmerzen treten plötzlich auf und sind oft mit einer offensichtlichen Ursache verbunden, wie einer Verletzung. Chronische Schmerzen entwickeln sich langsamer und halten länger an (oft über 3-6 Monate). Daher: Wenn dein Hund länger als ein paar Wochen Anzeichen von Schmerzen zeigt oder die Symptome wiederkehren, könnte es sich um chronische Schmerzen handeln. Im Zweifelsfall solltest du immer einen Tierarzt konsultieren.

Kann Stress Schmerzen bei Hunden verschlimmern?

Ja, Stress kann Schmerzen bei Hunden tatsächlich verstärken. Chronischer Stress erhöht den Cortisolspiegel im Körper, was zu Entzündungen und erhöhter Schmerzempfindlichkeit führen kann. Zusätzlich kann Stress die Muskeln anspannen, was bestehende Schmerzen verschlimmern kann. Also ist es wichtig, eine ruhige, stressfreie Umgebung für deinen Hund zu schaffen, besonders wenn er unter Schmerzen leidet. Techniken zur Stressreduktion wie Massage, sanfte Musik oder Verhaltenstherapie können hilfreich sein.

Denk immer daran: Jeder Hund ist einzigartig und kann anders auf Schmerzen und Behandlungen reagieren.

 


Quellen u.a.: