Vor vielen Jahren war ich beim Thema Schmerzmittel für Hunde noch ziemlich skeptisch.
„Zu früh, zu viel, zu lange“ – das waren meine ständigen Bedenken. Immer hatte ich im Hinterkopf: „Das belastet doch die Leber und die Nieren!“ Besonders die Nieren bereiteten mir Sorgen, denn die erholen sich bekanntlich nicht so wie die Leber.
Doch meine Einstellung hat sich grundlegend geändert. Durch die Erfahrungen mit unseren eigenen Hunden und über zehn Jahren Praxis habe ich inzwischen eine andere Bewertung von Schmerzmitteln.
Die Folgen unzureichender Schmerzmittelgabe
Früher hörte man oft, gerade im Pferdebereich: „Ein bisschen Schmerz schadet nicht, dann schont sich das Tier.“ Heute weiß ich: Das ist keine gute Idee.
Wenn ein Tier kein Schmerzmittel bekommt, beginnt der Körper zu kompensieren. Der Hund schont eine schmerzende Gliedmaße und überlastet dafür andere Bereiche. Es entsteht ein Domino-Effekt: Die überlasteten Bereiche entwickeln ebenfalls Probleme.
Hunde sind zwar Meister der Kompensation, aber das hat seinen Preis. Ein problematischer Bereich folgt dem Nächsten.
Nicht zu vergessen: Schmerz bedeutet Dauerstress. Stell dir vor, wie schwer es uns Menschen fällt, uns zu konzentrieren, wenn wir Schmerzen haben. Oder wie “dünnhäutig” wir werden. Bei Hunden ist das nicht anders. Schmerz ist eine Lebensbeeinträchtigung, die wir nicht unterschätzen dürfen.
Schmerzspirale und Schmerzgedächtnis
Es gibt Phänomene, die wir als Schmerzspirale und Schmerzgedächtnis bezeichnen. Von der Schmerzspirale habe ich oben bereits berichtet. Das Problem: Je länger wir warten, in diese Spirale einzugreifen, desto aufwändiger wird die spätere Behandlung. Im Rahmen einer Therapie muss quasi Schicht für Schicht wie bei einer Zwiebel die Schmerzbereiche behandelt und aufgelöst werden. Kommt ein Patienten recht spät, ist es also meist eine deutlich intensivere Therapie nötig.
Das Schmerzgedächtnis funktioniert vereinfacht gesagt so: Der Körper „erinnert“ sich an Schmerzen, selbst wenn die eigentliche Ursache behoben ist. Das Resultat? Schmerzen ohne erkennbaren Grund – eine äußerst frustrierende Situation für Tier und Halter.
Akuter vs. chronischer Schmerz
Es ist wichtig, zwischen akutem und chronischem Schmerz zu unterscheiden. Akuter Schmerz, wie wenn wir eine heiße Herdplatte berühren, hat eine Schutzfunktion. Chronischer Schmerz hingegen hat diese Funktion verloren. Er schützt nicht mehr, sondern beeinträchtigt massiv die Lebensqualität. Unser Ziel muss es sein, einzugreifen, bevor der Schmerz chronisch wird.
Behandlungsmethoden: Schulmedizin und Alternativen
Hier kommen Schmerzmittel für Hunde ins Spiel.
Allerdings ist die Wahl des richtigen Mittels nicht trivial.
Es gibt verschiedene Schmerzmittelgruppen, die auf unterschiedliche Weise wirken. Manche sind effektiv bei Arthrose (z.B. das relativ neue Medikament Librela für Hunde, über welches ich in einem weiteren Artikel berichte), andere bei Nervenschmerzen. Die Auswahl des passenden Medikaments ist Aufgabe des Tierarztes.
Ältere Hunde, Amy und Flynn sind mittlerweile auch 12 Jahre alt, sind besonders anfällig für Gelenkprobleme wie Arthrose. In meinem umfassenden Arthrose bei Hunden-Artikel erkläre ich mehr über die Anzeichen, Diagnose und Behandlung von Arthrose, um einem Seniorhund ein beschwerdefreieres Leben zu ermöglichen.
Schmerzmittel sind oft der Schlüssel für weitere Therapien. In meiner Praxis hatte ich Patienten, bei denen ich aufgrund starker Schmerzen kaum arbeiten konnte. Erst mit adäquater Schmerzmedikation wurde eine effektive Behandlung möglich.
Bei unserem Hund Yuno erlebten wir Ähnliches: Nach drei Wochen Schmerzmittelgabe konnte ich endlich seine Muskulatur und Faszien (das Bindegewebe, das Muskeln und Organe umhüllt) effektiv behandeln.
Teilweise zusätzlich, später aber auch teilweise alternativ können weitere Maßnahmen ergriffen werden wie z.B. Akupunktur, Osteopathie etc.
Schmerzmittel für Hunde und das Zusammenspiel beim Training
Das Thema Schmerz spielt auch beim Hundetraining eine große Rolle. Stell dir vor, du sollst trainieren, während dein Körper schmerzt.
Die Motivation wäre wohl gering. Bei Hunden ist das nicht anders.
Manchmal stecken hinter Verhaltensproblemen einfach unerkannte Schmerzen. In solchen Fällen kann eine angemessene Schmerztherapie erstaunliche Verhaltensänderungen bewirken.
Praktische Anwendung und Erfahrungen
Dich interessieren meine Erfahrungen aus über 10 Jahren Tätigkeit als Hundephysiotherapeutin und Hundetrainerin?
Es ist nicht immer einfach zu erkennen, ob ein Schmerzmittel wirkt.
Bei Yuno gab es eine Phase, in der wir weder in der Bewegung noch im Verhalten eine Veränderung feststellten. In solchen Situationen ist ein Schmerztagebuch äußerst hilfreich. Es mag nach zusätzlicher Arbeit klingen, hilft aber immens bei der Findung der richtigen Behandlungsstrategie.
Wichtig ebenfalls: viele Schmerzmittel, die bei chronischen Schmerzen eingesetzt werden, benötigen etwas Zeit um ihre volle Wirkung entfalten zu können.
Ein zu frühes Absetzen des Mittels “verfälscht” dann dein Ergebnis.
Ein häufiges Missverständnis: Manche Besitzer setzen Schmerzmittel vor einem Therapietermin ab, damit der Therapeut „das volle Ausmaß“ sehen kann. Mein Rat: Lasst die Medikation unverändert! Als erfahrene Therapeutin kann ich trotzdem genug erkennen, um effektiv zu helfen.
Fazit: Ein Plädoyer für angemessene Schmerztherapie
Was habe ich in all den Jahren erlebt? Es ist besser, frühzeitig und gezielt Schmerzmittel einzusetzen, als den Hund wochenlang mit den Folgen kämpfen zu lassen. Natürlich fällt die Entscheidung bei einem jungen Hund schwerer als bei einem älteren. Doch manchmal ist es einfach notwendig.
Meine Einstellung zum Thema Schmerzmittel hat sich grundlegend gewandelt – und ich stehe zu diesem Wandel. Denn letztendlich geht es darum, die Lebensqualität unserer vierbeinigen Freunde zu verbessern. Wenn dafür eine verantwortungsvolle Schmerztherapie nötig ist, dann sollten wir nicht zögern, sie einzusetzen.
Tipps zum Thema Schmerzmittel für Hunde:
- Achte auf Schmerzanzeichen wie u.a. Verhaltensänderungen deines Hundes – sie können auf Schmerzen hindeuten.
- Zögere nicht, bei Verdacht auf Schmerzen einen Tierarzt aufzusuchen. Lass dir Vorteile und Risiken (Belastung für die Organe, erhöhte Blutungsneigung etc.) ausführlich erklären.
- Führe ein Schmerztagebuch, wenn dein Hund Medikamente erhält oder auch generell.
- Setze Medikamente nicht eigenmächtig ab, sondern immer in Absprache mit dem Tierarzt.
- Denk daran: Schmerzen zu behandeln ist kein Luxus, sondern oft notwendig für die Lebensqualität deines Hundes.