Als Hundephysiotherapeutin werde ich oft von besorgten Besitzern gefragt, was es an zusätzlichen Möglichkeiten gibt, ihrem Tier zu Hause zu helfen. Eine dieser Besitzerinnen ist Sophie, dessen 12-jähriger Labrador-Rüde Paul zunehmend unter Arthrose-Schmerzen leidet. Paul, einst ein begeisterter Spaziergänger, zeigte immer weniger Motivation für Gassi-Runden, und Sophie bemerkte, wie die Arthrose ihn im Alltag einschränkte.
„Gibt es etwas, das ich zu Hause tun kann, um Paul – neben den Behandlungsterminen bei dir – zu unterstützen?“, fragte Sophie bei unserem letzten Termin. Diese Frage höre ich häufig, und meine Antwort ist oft dieselbe: Eine Hundemassage durch den Besitzer kann eine wunderbare Ergänzung zur professionellen Therapie sein.
Hier geht’s direkt zum zweiten Teil: Hundemassage selbst machen: Praktische Anleitung für zu Hause
Massage ist eine klassische und vielseitige Therapieform, die nicht nur von uns Therapeuten, sondern auch von engagierten Hundehaltern erlernt und angewendet werden kann. Sie bietet eine sehr gute Möglichkeit, die Bindung zwischen Mensch und Hund zu stärken und gleichzeitig Schmerzen zu lindern und das Wohlbefinden zu fördern.
In diesem Artikel geht es um die wohltuende Wirkung von Hundemassage. Du erfährst im ersten Teil meines Leitpfadens, wie diese sanfte Methode Schmerzen lindern kann und welche Techniken es gibt.
Egal, ob dein Hund unter Verspannungen leidet oder du ihm einfach etwas Gutes tun möchtest – Massage kann ein wertvolles Werkzeug sein. Du lernst, wie du mit gezielten Berührungen die Durchblutung förderst und Muskeln entspannst. Mit ein wenig Übung kannst du diese Fähigkeiten nutzen, um deinem Hund regelmäßig entspannende und gesundheitsfördernde Momente zu schenken.
Als ausgebildete Hundephysiotherapeutin, Hundetrainerin und Hundefitnesscoach mit eigener seit über 10 Jahren bestehenden Praxis – VitaliTier – kann ich dir einen umfassenden Einblick in die Welt der Hundemassage geben.
Bisherige Artikel in der Themenreihe: Schmerz
- Schmerzmittel für Hunde: Was mich zum Umdenken brachte
- Schmerztagebuch für Hunde: Ein sinnvolles Werkzeug für verantwortungsbewusste Hundehalter (mit kostenloser Vorlage)
Weitere Artikel findet ihr auf der Übersichtsseite.
Die Grundlagen der Hundemassage
Hundemassage ist eine therapeutische Technik, die gezielt auf die Muskulatur und das Gewebe des Hundes einwirkt, um positive gesundheitliche Effekte zu erzielen.
Definition und Ursprung der Hundemassage
Die Wurzeln der Hundemassage liegen in der traditionellen Massage, die vermutlich aus dem asiatischen Raum stammt und seit Jahrhunderten beim Menschen angewendet wird.
Die Techniken wurden an die Anatomie und Bedürfnisse von Hunden angepasst, um ähnliche Vorteile zu bieten. In meiner Praxis nutze ich verschiedene Grifftechniken und Druckanwendungen, um die Muskulatur und das Binde- und Fasziengewebe gezielt zu bearbeiten.
Unterschiede zur Massage bei Menschen
Obwohl die Grundprinzipien ähnlich sind, gibt es einige wesentliche Unterschiede zur Massage beim Menschen:
- Die Anatomie von Hunden unterscheidet sich nicht unwesentlich, besonders in Bezug auf Muskelstruktur und Bewegungsabläufe. Dies erfordert in einigen Bereichen angepasste Techniken und Griffe.
- Hunde reagieren teilweise empfindlicher auf Berührungen und Druck. Sie tolerieren oft keine tiefen Druckanwendungen, die Schmerzen verursachen könnten. Anders als bei Mensch verstehen unsere Hunde ja keine vorherigen Erklärungen und “Warnungen”.
- Manche Hunde sind sehr sensibel gegenüber der Körpersprache des Masseurs. Jede unbewusste Bewegung oder Anspannung kann die Dynamik der Massage beeinflussen.
In meiner Arbeit achte ich daher besonders auf eine ruhige, präsente Ausstrahlung und passe Druck und Intensität individuell an den jeweiligen Hund an.
Allgemeine Vorteile der Hundemassage
Die Vorteile gehen weit über die Schmerzlinderung hinaus:
- Verbesserte Durchblutung: Die Massage fördert die Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Gewebes, was entzündungshemmend wirken kann.
- Stressabbau: Regelmäßige Massagen können den Stresshormonspiegel senken und das allgemeine Wohlbefinden verbessern. Insbesondere Angsthunde, sog. Hibbelhunde und reaktive Hunde können also von regelmäßiger Massage profitieren.
- Förderung der Bindung: Die Massage stärkt die Beziehung zwischen Hund und Halter.
- Verbesserte Beweglichkeit: Durch die Lösung von Verspannungen kann die Beweglichkeit verbessert werden.
- Unterstützung des Stoffwechsels: Die Massage regt den Stoffwechsel an und fördert den Abtransport von Schlackenstoffen.
- Förderung der Selbstheilung: Die Unterstützung der natürlichen Selbstheilungsprozesse kann die Genesung beschleunigen.
In meiner langjährigen Praxis habe ich diese positiven Effekte bei zahlreichen Hunden beobachten können. Die Hundemassage bietet eine ganzheitliche Methode, um die Gesundheit und das Wohlbefinden des Hundes zu fördern.
Wie Hundemassage bei Schmerzen hilft
Hundemassage kann eine äußerst wirksame Methode sein, um Schmerzen bei Hunden zu lindern und ihr allgemeines Wohlbefinden zu verbessern.
Die positiven Effekte der Massage wirken sich sowohl auf physiologischer als auch auf psychologischer Ebene aus.
Verbesserte Durchblutung: Der Schlüssel zu mehr Vitalität
Eine der Hauptwirkungen der Hundemassage ist die Verbesserung der Durchblutung. Durch gezielte Massagetechniken regst du die Blutzirkulation in der Muskulatur und in den Organen deines Hundes an. Das Ergebnis? Eine bessere Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen.
- Unterstützt Heilungs- und Regenerationsprozesse
- Kann entzündungshemmend wirken, besonders bei Erkrankungen wie Arthrose
Muskelentspannung: Für mehr Beweglichkeit und weniger Schmerzen
Ein weiterer wichtiger Effekt der Hundemassage ist die Muskelentspannung. Mit den richtigen Techniken kannst du:
- Verspannungen und Verklebungen in der Muskulatur und den Faszien lösen
- Schmerzen reduzieren und die Beweglichkeit verbessern
Je nach Bedarf deines Hundes kannst du verschiedene Massagetechniken einsetzen:
- Detonisierende Techniken zur Senkung des Muskeltonus
- Tonisierende Techniken zur Erhöhung der Muskelspannung
Natürliche Schmerzlinderung durch Endorphine
Nicht zu unterschätzen ist auch die schmerzlindernde Wirkung der Massage. Durch sanfte, gezielte Berührungen stimulierst du die Freisetzung von Endorphinen – den körpereigenen Schmerzmitteln deines Hundes. Das führt zu:
- Reduziertem Schmerzempfinden
- Gesteigertem Wohlbefinden
Mit regelmäßiger Massage kannst du deinem Hund entspannende und gesundheitsfördernde Momente schenken. Ob zur Linderung von Beschwerden oder einfach als liebevolle Zuwendung – dein Vierbeiner(selbstverständlich kannst du auch deine Katzen oder dein Pferd massieren) wird es dir danken.
Hundemassage bei akuten und chronischen Schmerzen
Hundemassage kann sowohl bei akuten als auch bei chronischen Schmerzen deines Hundes hilfreich sein. Doch wie unterscheiden sich diese Schmerzarten? Hier (link zu passendem Artikel) erfährst du mehr.
Bei akuten Schmerzen kann eine sanfte Massage – zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt – unterstützend wirken:
- Beschleunigt den Heilungsprozess
- Fördert die Durchblutung im betroffenen Gewebe
- Reduziert Entzündungen und verhindert Folgeverspannungen
Wichtig: Bei frischen Verletzungen immer erst den Tierarzt konsultieren, bevor du mit der Massage beginnst.
Bei chronischen Schmerzen kann regelmäßige Massage die Lebensqualität deines Hundes deutlich verbessern:
- Löst hartnäckige Muskelverspannungen
- Fördert die Durchblutung in betroffenen Gelenken und Muskeln
- Setzt Endorphine frei, die das Schmerzempfinden reduzieren
Tipp: Bei chronischen Schmerzen ist Regelmäßigkeit der Schlüssel. Entwickle eine Routine, um deinem Hund mehrmals pro Woche eine wohltuende Massage zu gönnen.
Egal ob akut oder chronisch – mit der richtigen Massagetechnik kannst du deinem Hund bei verschiedenen Schmerzarten Linderung verschaffen und seine Lebensqualität verbessern. Beobachte deinen Hund aufmerksam, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen(link zu Artikel Schmerzen erkennen) und angemessen reagieren zu können.
Fallbeispiel: Ein Hund mit chronischen Arthroseschmerzen
Hat dein Hund zum Beispiel Arthrose, so leidet er unter Gelenkschmerzen und Steifheit. Dies führt oft zu Schonhaltungen und sekundären Muskelverspannungen. Durch gezielte Massagegriffe wie Effleuragen (Streichungen) und Petrissagen (Knetungen) können diese Verspannungen gelöst werden.
Die verbesserte Beweglichkeit und reduzierte Schmerzen ermöglichen es deinem Hund, sich wieder freier zu bewegen.
Gleichzeitig unterstützt die Massage durch die gesteigerte Durchblutung und Entzündungsreduktion die Gelenkfunktion. Die Freisetzung von Endorphinen lindert nicht nur die Schmerzen, sondern verbessert auch das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität deines Hundes spürbar.
Insgesamt kann regelmäßige Massage bei Arthrose die Symptome deutlich lindern und deinem Hund zu mehr Lebensfreude verhelfen. Sie ist damit eine wertvolle Ergänzung in der ganzheitlichen Schmerztherapie.
Hundemassage als Teil einer ganzheitlichen Schmerztherapie
Hundemassage kann ein wertvoller Bestandteil einer umfassenden Schmerztherapie für Hunde sein. Als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes berücksichtigt sie nicht nur die körperlichen Symptome, sondern trägt auch zum allgemeinen Wohlbefinden des Tieres bei.
Kombination mit anderen Therapieformen
Um die bestmögliche Wirkung zu erzielen, wird Hundemassage oft mit anderen Behandlungsmethoden kombiniert, z.B.:
- Physiotherapie: Hundemassage ist ein wichtiger Teil der Physiotherapie. Physiotherapeutische Behandlungen umfassen neben Massagetechniken auch gezielte Übungen, manuelle Therapie und den Einsatz von physikalischen Anwendungen. Bei vielen Patienten steht die Schmerzreduktion im Fokus.
- Osteopathie: Diese ganzheitliche Behandlungsmethode ergänzt die Massage hervorragend. Osteopathen arbeiten an den Zusammenhängen zwischen Knochen, Muskeln, Faszien und Organen. Die Kombination von Massage und Osteopathie kann Blockaden lösen und die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren.
- Hunde-Fitness-Training: Ein gezieltes Trainingsprogramm kann die Wirkung der Massage verstärken. Durch spezielle Übungen werden Muskeln aufgebaut, die Koordination verbessert und die Gelenkstabilität erhöht. Die Massage kann an den Tagen nach dem Training eingesetzt werden, um die Muskeln zu lockern und die Regeneration zu fördern.
- Akupunktur: Die Kombination von Massage und Akupunktur kann besonders effektiv sein. Akupunktur stimuliert spezifische Punkte, um Schmerzen zu reduzieren und die Heilung zu fördern. Massage kann vor einer Akupunktursitzung helfen, den Hund zu entspannen und die Wirkung der Behandlung zu verstärken.
- Medikamentöse Therapie: Massage kann die Wirkung von Schmerzmitteln unterstützen. Sie kann helfen, die Medikamentendosis zu reduzieren und gleichzeitig die Schmerzlinderung zu verbessern.
Bedeutung der Abstimmung mit Tierarzt und Therapeuten
Eine enge Zusammenarbeit mit dem Tierarzt und spezialisierten Therapeuten ist für den Erfolg der ganzheitlichen Schmerztherapie unerlässlich:
- Tierärzte können eine genaue Diagnose stellen und zusammen mit Therapeuten einen individuellen Behandlungsplan erstellen, der die Massage als ergänzende Therapie einbezieht.
- Regelmäßige Kontrollen ermöglichen es, den Fortschritt zu überwachen und die Therapie bei Bedarf anzupassen.
- Sie können potenzielle Kontraindikationen für bestimmte Therapieformen erkennen und sicherstellen, dass die Behandlung sicher für den Hund ist.
Fallbeispiel: Ganzheitlicher Behandlungsplan für einen Hund mit chronischen Schmerzen
Betrachten wir als Beispiel Sophie´s geliebten Paul, den älteren Labrador mit Arthrose in den Hüftgelenken:
- Diagnose und Planung: Der Tierarzt diagnostizierte mittels Röntgen und klinischer Untersuchung die Arthrose und erstellte in Zusammenarbeit mit mir als Therapeutin einen Behandlungsplan.
- Medikamentöse Therapie: Es wurden entzündungshemmende Schmerzmittel verschrieben, um akute Schmerzen zu lindern.
- Physiotherapie und Osteopathie: Zu Beginn erhielt Paul ein-bis zweimal wöchentlich eine physiotherapeutische und osteopathische Behandlung, die Massagetechniken, gezielte Übungen und manuelle Therapie umfasste. Später wurden die Behandlungsintervalle größer und ich habe noch die Akupunktur und Lasertherapie miteinbezogen. Sophie massierte Paul zwischen unseren Terminen im Schnitt 2-3 die Woche für ca. 20-30 min.
- Hunde-Fitness-Training: Ein individuelles Trainingsprogramm wurde entwickelt, das Paul dreimal wöchentlich mit Sophie durchführt. Wichtig waren vor allem erstmal die Basics im Fitnesstraining(Link zu Fitnessseite) zu erarbeiten.
- Ernährungsumstellung: Eine spezielle Diät reich an Omega-3-Fettsäuren wurde von der Hundeernährungsberaterin empfohlen, um Entzündungen zu reduzieren.
- Anpassung der häuslichen Umgebung: Rutschfeste Matten und ein orthopädisches Hundebett (Link) wurden eingeführt.
- Regelmäßige Überwachung: Der Tierarzt und auch ich als Therapeutin kontrollieren den Fortschritt alle 4-6 Wochen und passen den Plan bei Bedarf an.
Durch die Kombination dieser Therapieformen und die enge Zusammenarbeit zwischen Besitzer, Therapeuten und Tierarzt konnte für Paul eine umfassende und effektive Schmerztherapie erreicht werden. Die Hundemassage als Teil der physiotherapeutischen Behandlung spielte dabei eine wichtige Rolle, indem sie nicht nur die Schmerzen lindert, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden des Hundes verbessert und die Wirksamkeit anderer Therapieformen unterstützte.
Zusätzliche Quellen, die für diesen Artikel verwendet wurden:
Effect of massage therapy on pain and quality of life in dogs: A cross sectional study
Benefits of a Dog Massage for Dogs of Any Age and Activity Level
https://www.aaha.org/resources/2022-aaha-pain-management-guidelines-for-dogs-and-cats