Bestimmte Hunderassen sind bekannt für ihren sog. „Will to Please“. Allerdings kann diese Hingabe auch die Schmerzerkennung bei Hunden erschweren. Hunde, die stets bemüht sind, den Erwartungen ihrer Besitzer zu entsprechen, neigen dazu, ihre eigenen Bedürfnisse zu unterdrücken und Schmerzen zu verbergen. Dies kann die Diagnose und Behandlung von gesundheitlichen Problemen erheblich erschweren.

Der „Will to Please“ und seine Auswirkungen

Hunde mit einem „Will to Please“, zu Deutsch auch als „Willen zu gefallen“ übersetzt, sind Hunde, die eine ausgeprägte Motivation zeigen, ihren Besitzern zu gefallen und ihnen zu gehorchen. Diese Hunde sind besonders darauf bedacht, die Erwartungen und Wünsche ihrer Besitzer zu erfüllen und suchen aktiv nach Möglichkeiten, um ihnen zu gefallen. Dies macht sie zu idealen Kandidaten für verschiedene Arten von Arbeit und Training, von Dienst- und Therapiehunden bis hin zu Agility- und Gehorsamsprüfungen. Doch diese Eigenschaft bringt auch Herausforderungen mit sich.

Typischerweise zeigen Hunde mit einem starken „Will to Please“ folgende Merkmale:

  1. Hohe Lernbereitschaft: Sie sind motiviert und bereit, neue Dinge zu lernen, sei es das Erlernen von Befehlen, Tricks oder das Erfassen von Trainingssituationen.
  2. Gehorsamkeit: Sie reagieren schnell auf die Anweisungen ihrer Besitzer und zeigen eine hohe Bereitschaft, Kommandos auszuführen.
  3. Aufmerksamkeit und Bindung: Sie sind eng mit ihren Besitzern verbunden und zeigen eine starke Bindung. Sie achten auf die Körpersprache und die Stimmung ihres Besitzers und sind darauf bedacht, ihn zufriedenzustellen.
  4. Arbeitswilligkeit: Sie sind oft bereit, Aufgaben zu erledigen oder Herausforderungen anzunehmen, um die Bedürfnisse ihrer Besitzer zu erfüllen.

Hunde mit einem starken „Will to Please“ sind oft bei bestimmten Rassen anzutreffen, die für ihre Arbeitseinstellung und ihre Fähigkeit, mit Menschen zu interagieren, bekannt sind, wie zum Beispiel Retriever, Border Collies, Deutscher Schäferhund, Labrador Retriever und Pudel.

Border Collies zeigen oft einen hohen "Will to please"

Border Collies zeigen oft einen hohen „Will to please“

Anpassungsfähigkeit und Schmerzverhalten

Hunde, die darauf trainiert sind, ihre Besitzer zufriedenzustellen, entwickeln oft eine hohe Anpassungsfähigkeit. Sie sind in der Lage, Schmerzen und Unwohlsein zu ignorieren, um weiterhin Leistung zu erbringen. Diese Anpassungsfähigkeit kann jedoch dazu führen, dass sie Schmerzen verbergen oder herunterspielen, was die Erkennung und Behandlung von Verletzungen oder Krankheiten erschwert. Ich kenne Fälle, bei denen solche Hunde bereits blutige Pfoten von der Arbeiten hatten und dennoch weiter gearbeitet haben ohne sich etwas anmerken zu lassen. Bei blutigen Pfoten wird jedem schnell klar, dass dieser Hund wohl Schmerzen haben muss.

Subtile Anzeichen von Schmerzen

Ein häufiges Missverständnis ist, dass Hunde Schmerzen auf die gleiche Weise zeigen wie Menschen. Während einige Anzeichen offensichtlich sein können, wie zum Beispiel Hinken oder Jaulen, sind andere subtiler und können leicht übersehen werden. Insbesondere bei Hunderassen wie Border Collie, Australien Shepard, Cattle Dogs, Kelpies aber auch Schäferhunde, Airedale Terrier und einige andere Rassen bzw. deren Mixe werden bestimmte Schmerzanzeichen fehlgedeutet und stattdessen mit Wesenszügen oder Rasseneigenschaften erklärt.

Hier sind einige Anzeichen, auf die Besitzer – letztlich aller Rassen bzw. Mischlinge achten sollten:

Verändertes Verhalten

Hunde mit Schmerzen zeigen oft Veränderungen in ihrem Verhalten. Ein Hund, der normalerweise aktiv und verspielt ist, kann plötzlich lethargisch und desinteressiert erscheinen. Umgekehrt kann ein ruhiger Hund nervös oder gereizt werden. Veränderungen im Verhalten sind oft eines der ersten Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Schwieriger wird bei o.g. zu erkennen, ob ein Verhalten „normal“ ist oder bereits eigentlich ein verändertes Verhalten ist. So neigen bestimmte Rassen dazu, Schmerz über Bewegung zu kompensieren, d.h. sie bewegen sich viel, sie bewegen sich schnell. Allzu oft wird solch ein Verhalten aber als „Mei, das ist ein Hütehund, diese Rassen bewegen sich halt viel, die wollen halt ständig rennen und toben“ begründet. Erkennt man den Schmerz und behandelt ihn, können auch diese Hunde ruhiger werden und auch langsamere Bewegungsmuster zeigen.

Gestörtes Schlafmuster

Ein Hund, der Schmerzen hat, kann Schwierigkeiten haben, eine bequeme Schlafposition zu finden. Dies kann zu unruhigem Schlaf, häufigem Positionswechsel oder sogar nächtlichem Aufwachen führen. Wenn dein Hund plötzlich Probleme beim Schlafen hat, könnte dies ein Hinweis auf Schmerzen sein.

Appetitverlust oder Veränderungen im Fressverhalten

Schmerzen können den Appetit eines Hundes beeinträchtigen. Ein Hund, der normalerweise gut frisst, kann plötzlich weniger Interesse an Futter zeigen oder es ganz verweigern. Auch Veränderungen im Trinkverhalten können ein Anzeichen sein.

Veränderte Körperhaltung oder Bewegungsmuster

Ein schmerzender Hund kann eine veränderte Körperhaltung einnehmen, um den betroffenen Bereich zu entlasten. Dies kann sich in einem Hinken, Steifheit oder der Vermeidung bestimmter Bewegungen äußern. Auch eine asymmetrische Haltung oder das Vermeiden von Treppensteigen kann auf Schmerzen hinweisen. Man muss bedenken, dass Hunde Meister der Kompensation sind. Sie können schnell und effektiv ihre Bewegungsmuster anpassen um Schmerzen zu vermeiden. Erkennt man nicht frühzeitig, dass es sich um eine kompensatorisches Bewegungsmuster handelt, entstehen zügig Folgeerscheinungen und Folgeschäden.

Hund springt über Ast

Bewegung ist kein Ausschlussgrund von Schmerzen

Es gibt noch viele weitere deutliche oder auch subtilere Schmerzzeichen. Es lohnt sich als Hundebesitzer sich dieses Wissen anzueignen, z.B. in einem Online-Vortrag.

 

Die Rolle des Hundehalters und des Hundetrainers

Als Hundebesitzer oder als Hundetrainer ist es unsere Aufgabe, nicht nur das Verhalten und die Leistung unserer vierbeinigen Schützlinge im Fokus zu haben, sondern auch ihr Wohlbefinden zu sichern. Essentiell ist dabei das Erkennen von Schmerzen.

Hier sind 2 sinnvolle Möglichkeiten, um Schmerzen frühzeitig zu erkennen:

Regelmäßige Gesundheitschecks

Regelmäßige Gesundheitschecks sind unerlässlich, um den allgemeinen Zustand des Hundes zu überwachen. Dies sollte nicht nur durch den Tierarzt erfolgen, sondern auch durch Physiotherapeuten und Osteopathen für Hunde. Durch Check-Ups ist es uns möglich frühzeitig Auffälligkeiten erkennen.

Beobachtung während des Alltags bzw. Trainings

Hundetrainer sollten während der Trainingszeiten stets auf Anzeichen von Unwohlsein oder Schmerzen achten. Wenn ein Hund plötzlich aufhört, eine Übung auszuführen, oder Anzeichen von Stress zeigt, könnte dies ein Hinweis auf Schmerzen sein. Eine detaillierte Aufzeichnung des Verhaltens und der Leistung kann helfen, Muster zu erkennen. Als Hundebesitzern sollten wir unsere Hunde gut beobachten, um Veränderungen in Bewegungen, Fressverhalten, Sozialverhalten und weiteren Aspekten des Lebens unseres Hundes frühzeitig zu bemerken. Hier hat man es als Besitzer eines Hundes mit starkem „Will to please“ leider teilweiser schwerer als bei anderen Hunden, die sehr schnell und sehr deutlich Unwohlsein und Schmerzen anzeigen.

 

Beobachten unserer Hunde als wichtige Möglichkeit der Schmerzerkennung

Beobachten im Alltag und Training ist essentiell

Fazit

Die Herausforderung der Schmerzerkennung bei Hunden mit einem starken „Will to Please“ erfordert Aufmerksamkeit, Wissen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Besitzern, Trainern und Tierärzten. Indem wir sensibel auf die Signale unserer Hunde achten, regelmäßig Check-Ups durchführen lassen und rechtzeitig agieren, können wir aber auch bei diesen Hunden ein gutes Schmerzmanagement erreichen.