Leben – in diesem Fall Urlaub – mit chronisch krankem Hund – Teil 5
„Wir können nicht mehr verreisen. Der Hund ist zu krank.“
Das höre ich oft in meiner Praxis als Tierphysiotherapeutin. Und ich verstehe diesen Gedanken. Denn ich kenne diesen Gedanken. Wenn dein Hund chronisch krank ist, fühlt es sich falsch an, ihn allein zu lassen oder den Stress einer Reise zuzumuten. Bei meiner ersten Reise ohne Flynn habe ich bei der Abfahrt Rotz und Wasser geheult. Gleichzeitig sehnst du dich nach einer Auszeit von der ständigen Sorge und Pflege.
Nach 19 Jahren mit chronisch kranken Hunden kann ich dir versichern: Urlaub ist nicht unmöglich geworden. Er ist nur anders geworden. Und manchmal ist er sogar notwendiger denn je – für dich und paradoxerweise auch für deinen Hund.

Yuno mit im Urlaub – anstrengend als ohne. Aber ohne geht bei uns aktuell nicht. Bild: VitaliTier
Urlaub mit krankem Hund: „Ich kann doch nicht…“
Bevor wir über praktische Lösungen sprechen, müssen wir über die Stimme in deinem Kopf reden. Du kennst sie: „Ich kann doch nicht in den Urlaub fahren, während mein Hund krank zu Hause sitzt.“ Oder: „Was, wenn ihm etwas passiert, während ich weg bin?“
Diese Gedanken sind verständlich, aber sie sind nicht hilfreich.
Als Stress-Coachin und als Privatperson „Hundemama Kathrin“ erlebe ich täglich, wie die ständige Belastung durch einen chronisch kranken Hund Menschen an ihre Grenzen bringt. Eine Auszeit ist nicht nur für dich wichtig – sie ist auch für deinen Hund wichtig, weil sie dich regeneriert.
Urlaub NEU definieren
Vergiss erstmal alles, was du früher unter Urlaub verstanden hast. Spontane Fernreisen, wochenlange Abwesenheit, abenteuerliche Destinationen – das gehört erstmal der Vergangenheit an. Das bedeutet aber nicht, dass es keinen Erholungswert mehr gibt.
Neue Urlaubsformen für das Leben mit chronisch krankem Hund:
- Mikro-Urlaube: Ein Wochenende in der Nähe, ein Tagesausflug an einen schönen Ort, eine Übernachtung im nahegelegenen Hotel.
- Hunde-inklusive Urlaube: Speziell hundefreundliche Unterkünfte in der Nähe deines Tierarztes oder mit Zugang zu tiermedizinischer Versorgung.
- Geteilte Urlaube: Du fährst für ein paar Tage weg, dein Partner oder Familienmitglied kümmert sich um den Hund, dann wird getauscht.
- Zu-Hause-Urlaube: Eine Woche frei nehmen, aber zu Hause bleiben. Wellness im eigenen Badezimmer, Restaurantbesuche in der Nähe, entspannte Spaziergänge ohne Hektik.
Ja, klingt vielleicht alles im ersten Moment nicht so toll. Aber wenn du dich bewusst darauf einlässt, kann es wirklich auch erholsam werden. Es gab inzwischen ein paar Jahren, da konnte wir 1x im Jahr Urlaub ohne Hund machen. Die Zeiten sind inzwischen wieder vorbei. Die Senioren sind uns zu alt und für Yuno hat sich noch keine passende Urlaubsbetreuung gefunden. Es gibt also ab diesem Sommer nur noch Urlaub zu Hause oder Mikro-Auszeiten.
Option 1: Urlaub MIT dem chronisch kranken Hund
Das ist die Option, die viele Hundebesitzer automatisch wählen. Sie kann funktionieren, erfordert aber – je nach Erkrankung – durchdachte Planung.
Voraussetzungen für Reisen mit krankem Hund:
- Stabiler Gesundheitszustand über mindestens 4 Wochen
- Transportfähigkeit (Auto ist meist besser als Flugzeug)
- Zugang zu tiermedizinischer Versorgung am Urlaubsort
- Hundefreundliche Unterkunft mit entsprechender Ausstattung
Deine Reise-Checkliste:
- Medikamenten-Notvorrat: Doppelte Menge der üblichen Medikamente mitnehmen
- Tierarzt-Kontakte: Adressen von Tierärzten und Tierkliniken am Urlaubsort recherchieren
- Krankenakte mitnehmen: Alle wichtigen Befunde und Medikationspläne kopieren
- Gewohnte Hilfsmittel: Orthopädische Decken, Rampen, Geschirre – alles mitnehmen
- Notfall-Kit: Fieberthermometer, Erste-Hilfe-Material, Notfall-Medikamente
Realitätscheck: Eine Reise mit chronisch krankem Hund ist oft kein entspannter Urlaub im klassischen Sinne. Es kann dennoch erholsam sein, wenn du die Erwartungen anpasst.

Miko-Urlaube mit krankem Hund: Dem Hund macht auch das Freude. Bild: VitaliTier
Option 2: Urlaub OHNE den kranken Hund
Das ist für viele Hundebesitzer der schwierigste Gedanke. Den kranken Hund zurücklassen? Das fühlt sich wie Verrat an. Aber manchmal ist es die beste Option – für alle Beteiligten.
Wann ist Urlaub ohne den kranken Hund sinnvoll?
- Wenn der Hund Reisen schlecht verträgt
- Bei sehr instabilen Gesundheitszuständen
- Wenn du dringend eine komplette Auszeit brauchst
- Bei Urlaubszielen, die für kranke Hunde ungeeignet sind
Flynn z.B. schafft keine längeren Autofahrten mehr (Flugreisen kamen für uns eh nie in Frage). Also gibt es für uns ab diesem Sommer nur noch Mikro-Auszeiten in der Nähe. Wünschen wir uns das manchmal anders? Absolut. Aber lieber Mikro-Urlaube mit ihm, also ohne ihn zu sein.
Die Betreuungsfrage: Das ist der kritische Punkt. Nicht jeder kann einen chronisch kranken Hund betreuen. Du brauchst jemanden, der:
- Die Medikamentengabe zuverlässig durchführt
- Veränderungen am Hund erkennt und richtig reagiert
- Im Notfall schnell und besonnen handelt
- Deinen Tierarzt kontaktieren kann
Betreuungsoptionen:
- Familie/enge Freunde: Die beste Option, wenn verfügbar und kompetent
- Professionelle Hundesitter: Spezialisiert auf kranke Hunde, aber teuer
- Tierpensionen mit medizinischer Erfahrung: Gute Alternative, aber gründlich prüfen
- Tierarztpraxis mit Betreuungsservice: Einige Praxen bieten das an
Die Betreuung organisieren – ein Vollzeit-Job: Die Organisation einer Betreuung für einen chronisch kranken Hund ist aufwendiger als als bei einem gesunden Hund. Ich spreche aus Erfahrung: Ich habe zu jedem Urlaub mit der Betreuungsperson den aktuellen Stand und die aktuellen Medikamente durchsprechen müssen. Und dennoch ging auch mal was schief oder was unklar und ich musste aus dem Urlaub heraus organisieren etc.
Der Betreuungsplan im Detail:
- Medikamentenschema: Schriftlich, mit Uhrzeiten und Dosierungen
- Fütterungsplan: Genaue Mengen und Zeitpunkte
- Notfallkontakte: Dein Tierarzt, Tierklinik, deine Urlaubsadresse
- Verhaltenshinweise: Was ist normal, was bedenklich?
- Tagesroutine: Spazierzeiten, Ruhephasen, Besonderheiten
- Probelauf: Lass die Betreuungsperson mindestens einmal für einen halben Tag üben, bevor du zum ersten Mal verrreist. Das deckt Missverständnisse auf und gibt dir Sicherheit.
- Notfall-Vollmacht: Eine schriftliche Vollmacht, die es der Betreuungsperson erlaubt, in deinem Namen tierärztliche Entscheidungen zu treffen.
Die Technik als Helfer beim Urlaub mit krankem Hund
Moderne Technologie kann dir helfen, auch aus der Ferne ein gutes Gefühl zu haben:
- Haustierkameras: Du kannst jederzeit schauen, wie es deinem Hund geht.
- Medikamenten-Apps: Erinnerungen für die Betreuungsperson.
- GPS-Tracker: Falls der Hund orientierungslos wird und wegläuft.
- Video-Calls: Regelmäßiger Sichtkontakt mit deinem Hund.
Aber Vorsicht: Zu viel Kontrolle kann den Erholungseffekt zunichte machen. Finde das richtige Maß.
In den ersten Jahren habe ich täglich 2-3x nachgefragt, wie es Flynn geht.
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Wenn der Urlaub zum Albtraum wird
Es kann passieren. Du sitzt am Strand oder in den Bergen, und plötzlich ruft die Betreuungsperson an: „Mit dem Hund stimmt etwas nicht.“ Oder du merkst selbst, dass er sich während der Reise verschlechtert. Wir haben ja tatsächlich unseren letzten Urlaub diesen Frühjahr wegen Flynn früher beendet. Mei, passiert halt.
Dein Notfallplan:
- Sofortige Rückreise: Ist das möglich? Wie lange dauert es?
- Lokale tierärztliche Hilfe: Kontakte solltest du schon vor der Reise haben
- Finanzielle Mittel: Für unvorhergesehene Behandlungskosten
- Kommunikation: Wie hältst du Kontakt mit deinem Tierarzt zu Hause?
- Die emotionale Vorbereitung: Mache dir vor der Reise bewusst, dass etwas passieren könnte. Das ist nicht negatives Denken – das ist realistische Vorbereitung. Wenn du weißt, wie du reagieren würdest, ist die Angst kleiner.
Urlaubsziele für Hundebesitzer
Manche Orte eignen sich besser für Urlaub mit chronisch krankem Hund:
Optimal:
- Deutsche oder nahe europäische Ziele (kurze Anreise, bekanntes Gesundheitssystem)
- Orte mit guter tierärztlicher Versorgung
- Ruhige, nicht überstimulierte Umgebungen
- Hundefreundliche Unterkünfte mit Verständnis für besondere Bedürfnisse
Eher schwierig:
- Fernreisen mit langen Flügen
- Sehr heiße oder kalte Klimazonen
- Bergregionen (Höhenänderung kann problematisch sein)
- Orte ohne tierärztliche Infrastruktur
Die Realität der „Erholung“
Lass uns ehrlich sein: Urlaub mit oder trotz chronisch krankem Hund ist nicht der sorglose Urlaub von früher.
Du wirst wahrscheinlich wie zu Hause ständig auf deinen Hund achten, dir Sorgen machen, auch wenn alles gut läuft, Pläne anpassen müssen und Möglicherweise früher zurückkehren müssen.
Aber er ist trotzdem wertvoll. Andere Umgebung, andere Routine, Abstand vom Alltag – das kann sehr erholsam sein, auch wenn es nicht perfekt entspannt ist.
Alternative Erholung: Urlaub zu Hause
Manchmal ist die beste Erholung, einfach zu Hause zu bleiben, aber den Alltag bewusst anders zu gestalten, z.B. durch einen Hundesitter, der dir den Spaziergang mal abnimmt, oder eine Wellnessbehandlung für dich. Du kannst auch mal Touri in der eigenen Stadt spielen. Oder du nimmst dir mal wieder bewusst viel Zeit für deine Freunde. anders zu leben:
Das klingt nicht nach viel, aber wenn du normalerweise rund um die Uhr für deinen kranken Hund da bist, können schon wenige Stunden täglich ohne diese Verantwortung sehr erholsam sein.

Mit 3 chronisch kranken Hund ist schon ein Halbtages-Ausflug oft aufregend und anstrengend. Und dennoch wertvoll. Bild: Vitalitier
Du hast Urlaub verdient
Das Wichtigste, was ich dir nach 19 Jahren mit chronisch kranken Hunden sagen kann: Du hast Erholung verdient. Du sorgst, pflegst, organisierst, finanzierst und machst dir ständig Gedanken. Das ist zehrend.
Eine Auszeit ist nicht egoistisch. Sie ist notwendig. Ein erholter, entspannter Hundebesitzer kann viel besser für seinen kranken Hund sorgen als jemand, der am Rande der Erschöpfung steht.
Erste Schritte zu deinem nächsten Urlaub
Wenn du lange nicht mehr weg warst, fange klein an:
- Schritt 1: Ein Nachmittag ohne Hund – lass jemanden für 4 Stunden aufpassen
- Schritt 2: Eine Übernachtung bei Verwandten in der Nähe
- Schritt 3: Ein Wochenende mit oder ohne Hund, je nach Erfahrung
- Schritt 4: Eine Woche Urlaub planen
Jeder Schritt gibt dir mehr Sicherheit für den nächsten.
Deine Urlaubs-Planungs-Checkliste
8 Wochen vorher: Urlaubsart und -ziel festlegen, Betreuung organisieren oder hundefreundliche Unterkunft buchen, ggf. Tierarzt über Urlaubspläne informieren
4 Wochen vorher: Gesundheitszustand des Hundes bewerten, Notfall-Kontakte am Urlaubsort recherchieren, Medikamenten-Vorrat besorgen
1 Woche vorher: Betreuung einweisen oder Reise-Kit packen, Krankenakte kopieren, Notfall-Vollmacht ausstellen
Du verdienst Erholung. Findet gemeinsam einen Weg, der für euch beide funktioniert.
Im nächsten Artikel der Serie geht es um eine der schwersten Fragen überhaupt: Wann ist genug genug? Wie erkennst du, ob die Lebensqualität deines Hundes noch ausreicht – und was diese Erkenntnis für euch beide bedeutet.