Spaß mit deinem kranken Hund – geht das überhaupt noch?
Leben mit chronisch krankem Hund – Teil 6
„Was geht denn jetzt überhaupt noch?“ Das ist einer der Sätze, die ich als Tierphysiotherapeutin oft höre, wenn Hundebesitzer von der chronischen Krankheit ihres Hundes erzählen. Und ich verstehe diese Frage und die Traurigkeit dahinter.
Nach 19 Jahren mit chronisch kranken Hunden kann ich dir versichern: Das stimmt nicht. Ja, manche Aktivitäten fallen weg. Aber dafür öffnen sich neue Welten – Welten, die du vorher vielleicht gar nicht kanntest. Dein Hund kann immer noch Freude haben, lernen und Spaß mit dir verbringen. Du musst nur umdenken.
Aus Einschränkungen können neue Möglichkeiten werden – wenn du bereit bist, sie zu entdecken.
Warum Beschäftigung und Spaß bei kranken Hunden so wichtig ist
Viele Hundebesitzer konzentrieren sich nach der Diagnose ausschließlich auf die medizinische Versorgung. Ruhe, Schonung, Medikamente – das steht im Vordergrund. Dabei übersehen sie einen wichtigen Aspekt: Das Leben sollte für deinen Hund trotz Krankheit mehr bieten. Und neben dem körperlichen Wohlbefinden sollte auch das mentale Wohlbefinden im Fokus stehen.
Mentale Auslastung wirkt sich positiv aus auf:
- Die Schmerzwahrnehmung (Ablenkung reduziert subjektives Schmerzempfinden)
- Die Stimmung und das Wohlbefinden
- Die Bindung zwischen dir und deinem Hund
- Die geistige Fitness und Aufmerksamkeit
- Das Selbstvertrauen des Hundes
Als Tierphysiotherapeutin sehe ich täglich: Hunde, die trotz körperlicher Einschränkungen geistig gefordert werden, sind ausgeglichener, zufriedener und oft sogar aktiver als jene, die nur „geschont“ werden.

Spaß mit krankem Hund durch passende Beschäftigung wie z.B. Tricktraining
Das Geheimnis der Anpassung für Spaß mit deinem kranken Hund
Der Schlüssel liegt nicht darin, das zu machen, was früher ging, sondern herauszufinden, was jetzt möglich ist. Anpassung ist nicht Verzicht – Anpassung ist Kreativität.
Die wichtigsten Prinzipien:
- Qualität vor Quantität: Lieber 3 Minuten Beschäftigung mit Freude und Leichtigkeit als unnötig über Grenzen hinaus gehen
- Erfolg garantieren: Übungen so gestalten, dass der Hund sie schaffen kann
- Energie richtig einteilen: An guten Tagen mehr machen, an schlechten weniger
- Flexibel bleiben: Was heute geht, muss morgen nicht gehen – und umgekehrt
3 Beschäftigungen für Glücksmomente mit deinem krankem Hund
Es gibt einiges, wie du mit deinem kranken Hund Spaß haben kannst. Gerne stelle ich dir meine drei Lieblings-Spaß-Bringer vor:
Scent Detection – Spaß mit Nasenarbeit – auch für kranke Hunde
Riechen können alle Hunde – auch die kranken. Tatsächlich ist die Nasenarbeit eine der besten Beschäftigungen für Hunde mit körperlichen Einschränkungen. Sie funktioniert im Sitzen, im Liegen, drinnen und draußen, bei jedem Wetter.
Warum Scent Detection perfekt für kranke Hunde ist:
- Körperlich wenig anstrengend
- Geistig sehr fordernd
- Unabhängig von Jahreszeit und Wetter
- Stärkt das Selbstvertrauen
- Kann überall praktiziert werden
Einfacher Einstieg – Leckerli-Suche: Beginne mit etwas, das dein Hund sowieso liebt: Futter. Verstecke Leckerlis in der Wohnung und lass deinen Hund sie suchen. Fange einfach an – unter dem Sofa, hinter einem Stuhl, in einer offenen Box. Steigere langsam den Schwierigkeitsgrad.
Fortgeschrittene Übungen: Einen spezifischen Ziel Geruch trainieren und ein Anzeigeverhalten etablieren, also echt Scent Detection also.
Wenn du diese tolle Möglichkeit mit deinem chronisch kranken Hund entdecken möchtest, ist meine Einsteiger-Online-Kurs genau das Richtige für euch! Setz dich jetzt sofort noch auf die Warteliste für den nächsten Kursstart.
Praxistipp aus der Therapie: Ich arbeite oft mit einer „Schnüffelbox“ – ein Karton mit Klopapierrollen, in denen Leckerlis versteckt sind. Selbst Hunde mit starken Gelenkproblemen können stehend oder sitzend damit arbeiten.

Spaß durch Nasenarbeit klappt hervorragend auch bei deinem kranken Hund.
Tricktraining – Kleine Schritte, große Erfolge für deinen kranken Hund
„Aber er kann doch keine Tricks mehr!“ – Falsch gedacht. Tricktraining ist nicht nur Rolle rollen und Männchen machen. Es ist geistige Gymnastik, die an jeden Hund angepasst werden kann.
- Tricks für Hunde mit Gelenkproblemen, z.B.: Gib Laut/Flüster“: Auf Kommando bellen oder leise wuffen
- Tricks für Hunde mit neurologischen Problemen, z.B.: Einfache Körperwahrnehmung: „Kopf hoch“, „Kopf runter“
- Tricks für Hunde mit Herz-/Atemproblemen, z.B. :“Aufräumen“: Spielzeug in eine Box legen (in eigenem Tempo)
Wir können also niedliche Tricks mit sinnvoller Körperarbeit kombinieren, also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: körperliches und mentales Wohlbefinden fördern!

Ob Diener oder Taschentuch bringen – Tricks machen Spaß – wenn sie gut für deinen kranken Hund ausgewählt wurden.
Hundefitness – Spaß und Effizienz für deinen chronisch kranken Hund
Als Tierphysiotherapeutin weiß ich: Bewegung ist auch bei chronisch kranken Hunden wichtig – nur eben angepasste Bewegung. Hundefitness bedeutet nicht Leistungssport, sondern gezieltes Training zur Erhaltung der vorhandenen Fähigkeiten.
Grundprinzipien der angepassten Fitness:
- Schmerzfreiheit: Niemals gegen Schmerzen trainieren
- Kurze Einheiten: Lieber 5 Minuten alle 2 Tage als 30 Minuten einmal pro Woche
- Aufwärmen und Abkühlen: Besonders wichtig bei steifen Gelenken
- An guten Tagen nutzen: Wenn der Hund fit ist, darf etwas mehr gemacht werden
Wichtiger Hinweis: Alle Fitnessübungen sollten in Absprache mit einem Tierphysiotherapeuten erfolgen. Was für einen Hund gut ist, kann für einen anderen schädlich sein.
Die mentale Komponente – Köpfchen statt Körper und ganz viel Spaß
Manchmal ist der Körper schwach, aber der Geist ist noch wach und lernbereit. Dann ist mentales Training genau das Richtige.
Denkaufgaben für schlaue Köpfe:
- Futterpuzzles: Von einfach bis komplex
- Intelligenzspielzeug: Schubladen öffnen, Schieber bewegen
- Memory-Spiele: Unter welchem Becher ist das Leckerli?
DIY-Beschäftigung aus dem Haushalt:
- Leckerlis in Klopapierrollen verstecken
- Futter in zusammengeknüllte Zeitungen wickeln
- Snacks in alte Socken verstecken (unter Aufsicht!)
- Plastikflaschen (ohne Deckel) als Futter-Spender
An schlechten Tagen – weniger ist mehr für deinen kranken Hund
Es wird Tage geben, an denen dein Hund nicht fit ist. Schmerzen, Müdigkeit oder Unwohlsein machen sich breit. An solchen Tagen ist weniger mehr – aber nicht nichts.
Minimalprogramm für schlechte Tage:
- Kurze Schnüffelspiele im Liegen
- Massage und Streicheleinheiten
- Ruhige Musik und entspannte Atmosphäre
- Vielleicht ein neues Kauspielzeug
- Einfach nur gemeinsam sein
Achtung: Zwinge niemals eine Aktivität auf. Wenn dein Hund signalisiert, dass er nicht möchte, respektiere das. Es gibt immer ein Morgen.

Hundefitnesstraining ist fest in unserem Alltag integriert – mal mehr, mal weniger, je nach tagesaktuellem Gesundheitszustand. Bild: VitaliTier
Erfolg richtig messen
Bei einem chronisch kranken Hund misst sich Erfolg anders. Es geht nicht mehr um Höchstleistungen oder perfekte Ausführung. Es geht um Freude, Spaß und kleine Fortschritte.
Die Kunst der Balance:
Das Schwierigste bei der Beschäftigung chronisch kranker Hunde ist die Balance. Zwischen Fördern und Überfordern, zwischen Aktivität und Ruhe, zwischen Hoffnung und Realismus.
Orientiere dich an diesen Leitfragen:
- Wie geht es meinem Hund heute wirklich?
- Was kann er heute schaffen, ohne sich zu überanstrengen?
- Woran hat er Freude?
- Was tut uns beiden gut?
Es wird Tage geben, an denen nur kuscheln drin ist. Und Tage, an denen ihr gemeinsam neue Tricks lernt. Beides ist in Ordnung.
Das wichtigste Trainingsgerät für euren gemeinsamen Spaß: Deine Einstellung
Am Ende ist das wichtigste „Trainingsgerät“ deine eigene Einstellung. Wenn du deinen Hund als kranken, bemitleidenswerten Patienten siehst, wird er sich auch so verhalten. Wenn du ihn als deinen Trainingspartner siehst, der zufällig ein paar körperliche Einschränkungen hat, wird er aufblühen.
Dein Hund ist immer noch ein Hund. Er möchte lernen, spielen, gefordert werden und Spaß haben. Die chronische Krankheit verändert die Art, wie ihr das macht – aber sie macht es nicht unmöglich.
In den dunkelsten Momenten, wenn die Diagnose frisch ist und die Zukunft düster erscheint, denke daran: Es gibt immer noch Möglichkeiten für Freude. Du musst sie nur finden und anpassen.
Euer gemeinsamer Weg ist noch nicht zu Ende. Er ist nur anders geworden. Und manchmal ist anders sogar schöner als das, was vorher war.
Im nächsten und letzten Artikel dieser Serie geht es um das schwerste Kapitel: den Abschied und wie das Leben danach weitergehen kann – mit der Trauer, den Erinnerungen und vielleicht irgendwann mit einem neuen vierbeinigen Freund.